Frankfurt,
04
Oktober
2022
|
11:49
Europe/Amsterdam

Fehlende M&A-Transaktionen und Zurückhaltung auf Käuferseite infolge des sich deutlich veränderten Zinsumfeldes bremsen Transaktionsvolumen am Wohnimmobilieninvestmentmarkt Deutschland

Das Transaktionsvolumen belief sich in den ersten drei Quartalen 2022 auf 10,6 Milliarden Euro – minus 49 Prozent im Vorjahresvergleich 

Spitzenrenditen in den Top-7-Städten im Mittel auf 2,41 Prozent gestiegen. Preisfindungsphase zwischen Verkäufer und Käufer aufgrund Zinsniveauanpassungen hält an – stärkere Ausdifferenzierung nach Standort- und Objektqualitäten 

ESG-konforme Neubauten von institutionellen nationalen Investoren stark nachgefragt; Produktpipeline rückläufig 

Veränderte Eigenkapitalanforderungen ermöglicht kommunalen Wohnungsbestandshaltern Eintritt in den Markt für Bestandsobjekte 

Bedarf an Wohnfläche in Deutschland weiterhin ungebrochen hoch

 

In den ersten drei Quartalen 2022 erreichte der deutsche Wohnimmobilieninvestmentmarkt (ab 50 Einheiten) ein Transaktionsvolumen von rund 10,6 Milliarden Euro – eine knappe Halbierung im Vergleich zum außergewöhnlich starken Vorjahreszeitraum, der vor allem durch diverse milliardenschwere Portfoliotransaktionen geprägt war. Dies zeigt eine aktuelle Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE. Im gesamten dritten Quartal 2022 wurden 12.600 Wohneinheiten mit einem Volumen von rund 2,8 Milliarden Euro transferiert. Zum Vergleich: Im dritten Quartal 2022 waren es noch 53.100 Wohneinheiten mit einem Volumen von 11,2 Milliarden Euro. 

Konstantin Lüttger, Head of Residential Investment Germany

Aufgrund des weiter herausfordernden Finanzierungsumfelds sehen wir eine abwartende Haltung bei Investoren, die auf weitere Preissenkungen und Opportunitäten außerhalb des Core-Segments hoffen – das Austarieren marktgerechter Preise dauert an. 

Konstantin Lüttger, Head of Residential Investment Germany

„Besonders stark gehebelte Investitionen werden durch die steigenden Kreditzinsen erschwert. Außerdem ist der Spread zwischen der durchschnittlichen Spitzenrendite für Wohnimmobilien und der zehnjährigen Bundesanleihe noch weiter gesunken. Das bedeutet zwar einerseits stärkere Konkurrenz für Wohnimmobilien durch Fixed-Income-Substitute, zeigt aber andererseits auch die weiterhin hohe Attraktivität der Assetklasse Wohnen. Besonders bei teuren Produkten und Wohnimmobilien mit unterdurchschnittlichem Objektzustand wird die Auskalibrierung der Preise noch andauern. Bei energieeffizienten und ESG-konformen Gebäuden in den Kernstädten ist der Nachfragedruck hingegen nach wie vor hoch.“

Michael Schlatterer, Senior Director Residential Valuation bei CBRE in Deutschland

Für Projektentwickler sind die Herausforderung nochmal größer geworden“, sagt Michael Schlatterer, Senior Director Residential Valuation bei CBRE in Deutschland

Michael Schlatterer, Senior Director Residential Valuation bei CBRE in Deutschland

„Insbesondere Projektentwicklungen im frühen Genehmigungs- und Baustadium werden verstärkt geprüft. Vorteile haben dabei die Projektentwickler der großen börsennotierten Unternehmen, die weiterhin bauen können. Die Strategie, Projektentwickler zu erwerben, hat sich für die großen Konzerne also ausgezahlt. Denn insgesamt stehen Neubauten trotz des schwierigen Marktumfelds weiter auf der Agenda insbesondere institutioneller Investoren. Zum einen, weil ESG aktuell einen starken Bedeutungszuwachs bei Investitionsentscheidungen erfährt, zum anderen, weil die Fundamentaldaten stabil sind. Die reguläre Zuwanderung springt wieder an, zudem sorgen die ukrainischen Flüchtlinge für zusätzliche Nachfrage. Dem gegenüber geht das Fertigstellungsvolumen bereits statistisch nachweisbar zurück, was in den wirtschaftlich starken Metropolen zu anhaltend niedrigen Leerstandsquoten und aktuell zu weiteren Steigerungen der Nettokalt-Mieten führt.

Jirka Stachen, Team Leader Research

Mieter und Eigentümer spüren die hohe Inflation in Form steigender Instandhaltungs- und Nebenkosten.

Jirka Stachen, Team Leader Research

„Während Letztere vor einem Jahr noch bei circa 2,50 bis drei Euro pro Quadratmeter und Monat lagen, müssen viele Mieter nun mit zum Teil vier Euro und mehr rechnen. Abschlagszahlungen für Gas steigen derzeit um das Drei- bis Sechsfache. Das alles führt zu einer weiter steigenden Mietbelastungsquote, besonders in den Metropolen.“

Stabiles Transaktionsgeschehen bei Einzeldeals

Auch wenn die Nachfrage nach Portfolios weiterhin stark ist und auch einige große Portfolios die Eigentümer gewechselt haben, ist die Käuferkohorte kleiner geworden, mit Folgen für die Portfolioquote, die auf 55 Prozent (Fünfjahresdurchschnitt: 73 Prozent) gesunken ist. Vor allem die gestiegenen Kreditzinsen waren dafür der Hauptgrund – diese machen sich besonders bei großvolumigen Portfolios, die mehr Fremdkapital benötigen, stark bemerkbar. In diesem Umfeld konnte CBRE das Landmark Portfolio ERASMUS mit über 4.000 Einheiten in Deutschland und in den Niederlanden von Catella an ZBI vermitteln. Wie schon im ersten Halbjahr 2022 zeigten sich die Einzeltransaktionen stabil: Das Volumen stieg auf 4,7 Milliarden Euro und lag damit über dem Fünfjahresdurchschnitt. Erwartungsgemäß sind auch die Spitzenrenditen für Wohninvestments in den Top-7-Städten weiter gestiegen. Im Mittel erhöhten sie sich auf nun 2,41 Prozent. Die geringsten Preisrückgänge waren dabei in Berlin und München zu beobachten.

Projektankäufe und städtebauliche Quartiere stark rückläufig – kurz vor Fertigstellung stehende Neubauten jedoch stark nachgefragt

Das Investitionsgeschehen im Bereich der Forward Deals und Forward Fundings blieb zwar im Jahresvergleich relativ stabil (4,4 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen 2022 gegenüber 4,7 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum), gegenüber dem ersten Quartal 2022 halbierte sich das Volumen im dritten Quartal jedoch. „Bei Forward Deals beobachten wir nahezu einen Stillstand am Markt. Es werden zwar noch Deals abgeschlossen, aber aufgrund der schwierigen Finanzierungssituation kaum neue gestartet“, sagt Michael Schlatterer, Senior Director Residential Valuation bei CBRE in Deutschland. Auch bei Mikroapartments und dem studentischen Wohnen ist die Entwicklung ähnlich. Einzig hochpreisige Neubauobjekte in Top-Lagen waren nach wie vor gefragt.

Institutionelle Investoren weiterhin aktiv

Größte Nettokäufergruppe in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 waren eigenkapitalstarke offene Immobilienfonds beziehungsweise Spezialfonds, die einen Nettozufluss von 2,4 Milliarden Euro verzeichneten. Auf Platz zwei der Nettomittelzuflüsse befanden sich Asset- und Fondsmanager mit 1,9 Milliarden Euro, gefolgt von Versicherungen und Pensionskassen mit 705 Millionen Euro – ein starkes Plus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, in dem der Nettozufluss lediglich 168 Millionen Euro betrug. „Derzeit haben grundsätzlich Investoren, die über viel Eigenkapital verfügen bei steigenden Fremdkapitalkosten, einen großen Vorteil. Trotz aller Schwierigkeiten am Markt hat diese Investorengruppe einen anhaltend hohen Investitionsdruck und nutzt dafür ihre hohen Barmittel“, erklärt Lüttger.

Bei öffentlichen Wohnungsgesellschaften betrug der Nettozufluss lediglich 271 Millionen Euro im Vergleich zu den 3,5 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. „Dennoch gehen wir davon aus, dass kommunale öffentliche Bestandshalter in den kommenden Monaten die Opportunitäten der sinkenden Preise nutzen werden und verstärkt als potenzielle Käufer von Wohnimmobilienportfolios in Erscheinung treten werden“, sagt Schlatterer.

Niedrigstes Investitionsvolumen in Berlin seit 2014

Besonders Berlin zeichnete sich durch ein geringes Transaktionsvolumen infolge geringerer Aktivitäten durch die öffentliche Hand aus. Mit 1,8 Milliarden Euro verzeichnete die Bundeshauptstadt das geringste Volumen in den ersten drei Quartalen eines Jahres seit 2014. Ein überdurchschnittliches Transaktionsvolumen, maßgeblich durch hochpreisige Forward Deals in den ersten beiden Quartalen, verzeichnete hingegen Hamburg (1,1 Milliarden Euro). Auch außerhalb der Top-7-Märkte zeigt sich der insgesamt rückläufige Trend: In den ersten neun Monaten von 2022 betrug das Transaktionsvolumen in diesen Regionen 6,6 Milliarden Euro (2021: 9,8 Milliarden Euro).

Prognose für das Gesamtjahr 2022

„Für das Gesamtjahr ist ein Transaktionsvolumen von bis zu 15 Milliarden Euro weiterhin denkbar – das entspräche in etwa dem Niveau der Jahre 2016 bis 2019“, sagt Lüttger. „Es sind noch einige größere Portfolios im Vermarktungsprozess und weitere befinden sich kurz davor, auf den Markt zu kommen. Angesichts der Zinsentwicklung werden die Renditen in den kommenden Quartalen tendenziell weiter steigen.“

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Ansprechpartner

Konstantin LüttgerMichael Schlatterer
CBRE GmbHCBRE GmbH
Head of Residential Investment GermanySenior Director Residential Valuation
+49 69 170077-29+49 30 726145-156
konstantin.luettger@cbre.commichael.schlatterer@cbre.com
  
  
Dr. Jan LinsinJirka Stachen
CBRE GmbHCBRE GmbH
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Über CBRE

CBRE Group, Inc. (NYSE:CBRE), ein Fortune-500- und S&P-500-Unternehmen mit Hauptsitz in Dallas, ist das weltweit größte Immobiliendienstleistungs- und Investment-Unternehmen – in Bezug auf den Umsatz im Geschäftsjahr 2021. Mit mehr als 105.000 Mitarbeitern (exkl. Turner & Townsend-Mitarbeiter) in über 100 Ländern bietet das Unternehmen seinen vielfältigen Kunden integrierte Dienstleistungen über den gesamten Immobilien-Lebenszyklus: von der strategischen und technisch-wirtschaftlichen Beratung, wie u. a. beim An- und Verkauf oder der An- und Vermietung, über die Entwicklung, Verwaltung und Bewertung von Immobilien bis hin zum Transaktions-, Projekt-, Facility- sowie Investment-Management.

Seit 1973 ist CBRE Deutschland mit seiner Zentrale in Frankfurt am Main vertreten, weitere Niederlassungen befinden sich in Berlin, Düsseldorf, Essen, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. www.cbre.de