Frankfurt,
17
Januar
2024
|
09:16
Europe/Amsterdam

CBRE-Analyse: Finanzierungslücke von 77 Milliarden Euro am gewerblichen Immobilienmarkt Deutschland

  • 2019-2022 wurden rund 228 Milliarden Euro an gewerblichen Immobilienkrediten aufgenommen
  • Davon können knapp 34 Prozent auf der Grundlage der aktuellen Kapitalwerte und Kreditzinsen nicht refinanziert werden, was zu Verwertungen und Restrukturierungen führen wird
  • Das Wohnungssegment weist in absoluten Zahlen die größte Lücke auf
  • Markterholung könnte die Finanzierungslücke schrumpfen lassen

Zwischen 2019 und 2022 nahm die gewerbliche Immobilienbranche in Deutschland schätzungsweise Immobilienkredite in Höhe von etwa 228 Milliarden Euro auf. Diese Kredite stehen größtenteils in den kommenden vier Jahren, also 2024 bis 2027, zur Refinanzierung an. Eine aktuelle Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE zeigt nun jedoch, dass gut ein Drittel, also etwa 77 Milliarden Euro, auf Basis der aktuellen Kapitalwerte und Kreditzinsen sowie aufgrund von Beschränkungen beim Beleihungsauslauf und dem Zinsdeckungsgrad nicht refinanziert werden würden. 

Daniel Sander, Head of Debt & Structured Finance

Steigende Zinssätze und sinkende Immobilienwerte haben zu einer Verschärfung der Kreditvergabebedingungen auf den gewerblichen Immobilienmärkten geführt. Dies erschwert und verteuert es, entsprechende Kredite zu erhalten. Mit Einsatz von zusätzlichem Eigenkapital, nachrangigen Darlehen oder Vorzugskapitalvereinbarungen kann es gelingen, die Kreditgeber von Verlängerungen zu überzeugen und so die Finanzierungslücken zu schließen. Wenn die Lücke jedoch größer ist und kaum Aussicht auf eine Überbrückung besteht, können die Kreditgeber stattdessen auf Immobilienverkäufe drängen, wobei im schlimmsten Fall sowohl der Kreditnehmer als auch der Kreditgeber Verluste erleiden könnten. 

Daniel Sander, Head of Debt & Structured Finance

„Zwar gibt es leichte Entspannungssignale“, ergänzt Sander.  Vor der Zinswende lag der Referenzzinssatz eines fünfjährigen Zinsswaps in der Eurozone Ende 2022 nahe der Null-Prozent-Linie. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichten sie zu Beginn des vierten Quartals 2023 mit rund 3,4 Prozent. Seitdem sind sie, Stand Mitte Januar 2024, wieder auf rund 2,5 Prozent gesunken. „Aber die Gefahr ist noch nicht gebannt. Denn die Inflation kann durchaus noch zurückkehren, die unsichere Wirtschaftsentwicklung belastet einige Mieter, viele Objekte sind nicht mehr markgerecht und grundsätzlich werden vielerorts weniger Büroflächen benötigt. Nicht immer wird eine Refinanzierung möglich sein“, warnt Sander.

Dr. Jan Linsin, Head of Research

Für einige – aber längst nicht für alle – Akteure der gewerblichen Immobilienbranche stellt die aktuelle Finanzierungslage eine große Herausforderung dar. Da die Kapitalgeber, also vor allem die Banken, solide aufgestellt sind, sehen wir weder eine Gefahr für das deutsche Bankensystem noch für die allgemeine Wirtschaft. Die zusätzliche Nachfrage nach Fremdkapital wird den Kreditmarkt in einer Zeit des knappen Kreditangebots unter Druck setzen. Die Beleihungsquoten sind nicht nur gesunken, um sicherzustellen, dass neue Kredite den Schuldendienstanforderungen genügen, sondern die Kreditgeber haben auch ein erhöhtes Kreditrisiko in ihren Kreditbüchern zu bewältigen und werden in der Regel bestrebt sein, ihr Engagement aufgrund der Eigenkapitalvorschriften eher zu reduzieren als auszuweiten – insbesondere bei beaufsichtigten Kreditgebern wie Banken. Ein Teil des neuen Kreditangebots wird von alternativen Kreditgebern kommen – aber bisher sind sie noch sehr selektiv, weil sie weitere Bewertungsverluste befürchten und zugleich haben sie teils sehr hohe Zinserwartungen von sieben bis 20 Prozent.

Dr. Jan Linsin, Head of Research

„Das Ausmaß der Finanzierungslücke kann dadurch gemildert werden, dass Darlehensgeber und Darlehensnehmer zusammenarbeiten, um Finanzierungen bei Fälligkeit der Darlehen zu verlängern und anzupassen“, ergänzt Sander.

Wohnimmobilien mit größter Finanzierungslücke

Die größten Finanzierungslücken auf Basis der zugrunde gelegten Kapitalwerte und Kreditzinsen zeigen sich in den Segmenten „Mehrfamilienhäuser“ (35,6 Milliarden Euro, was 46,1 Prozent der Kredite entspricht) und „Büro“ (34,9 Milliarden Euro nicht refinanzierbarer Kredite, was 45,3 Prozent der Kredite entspricht). Geringer ist die Lücke in den Segmenten „Logistikimmobilien“ und „Einzelhandelsimmobilien“ mit jeweils 3,3 Milliarden Euro oder jeweils 4,3 Prozent der zur Refinanzierung bis 2026 anstehenden Kredite.

Refinanzierungsrisiko in Deutschland höher als in Europa

Die Analyse von CBRE ist Teil einer größeren Europa-Studie des Unternehmens. In Europa wurden im untersuchten Zeitraum 640 Milliarden Euro an Krediten für Immobilienfinanzierungen aufgenommen. Davon könnten etwa 27,5 Prozent, also 176 Milliarden Euro, auf Basis der zugrundeliegenden Annahmen nicht mehr refinanzierbar werden. Damit ist der Anteil der problematischen Immobilienkredite in Deutschland größer als im europäischen Durchschnitt.

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CBRE Group, Inc. (NYSE:CBRE), ein Fortune 500- und S&P 500-Unternehmen mit Hauptsitz in Dallas, ist das weltweit größte Immobiliendienstleistungs- und Investment-Unternehmen – in Bezug auf den Umsatz im Geschäftsjahr 2022. Mit mehr als 115.000 Mitarbeitern (exkl. Turner & Townsend Mitarbeiter) in über 100 Ländern bietet das Unternehmen ihren vielfältigen Kunden integrierte Dienstleistungen über den gesamten Immobilien-Lebenszyklus: von der strategischen und technisch-wirtschaftlichen Beratung wie u. a. beim An- und Verkauf oder der An- und Vermietung, über die Entwicklung, Verwaltung und Bewertung von Immobilien bis hin zum Transaktions-, Projekt-, Facility- sowie Investment-Management.

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